Obstbaumpflege anno 1901

Die aktive Pflege von Obstbäumen ist eine sehr alte Kulturleistung der Menschheit. Nachstehend einige Tipps aus der Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts, gefunden von Axel Kähler aus Glashagen:

Aus „Güter und Aemter der Mecklenburg-Schwerin’schen Domänen“ von Karl Wilhelm August Balck; 1901

Transcript des oben stehenden Originaltextes

  1. Um Schafe und Hasen von Bäumen auf Hutweiden oder anderen Gemeindeplätzen abzuhalten, dient am Besten das einbinden des Stammes mit Dornhecken. Einfacher aber wird derselbe Zweck erreicht, wenn die Stämme mit zerdrücktem und mit Wasser verdünntem Schafkoth 4 Fuß hoch vom Boden angestrichen werden.            
  2. Junge Obstbäume, welche im Wuchse nicht recht vorwärts wollen oder etwas größere Bäume, welche erst verpflanzt worden sind, bekommen neues Leben, wenn der ganze Stamm mit Moos eingebunden wird, welches man bei trockener Witterung, namentlich während des Sommers von Zeit zu Zeit etwas anfeuchtet.
  3. Engerlinge und andere Würmer werden vertilgt, wenn man den Boden im Frühjahr mit Steinkohleasche bestreut und solche mit untergräbt oder einackert
  4. Große Bäume, welche wegen Ueppigkeit nicht tragen wollen, werden fruchtbar, wenn man die Wurzeln am Stamm aufgräbt, die dicksten mittelst einer Holzaxt und eines Keiles Spaltet und die Wunde durch einen eingesteckten Stein offen hält.
  5. In magerem Sandboden, wo selbst die Kirschen oft kränkeln, erhalten die Bäume neue Nahrung und kraft, wenn Walderde oder Gerberloheaufgeführt und untergebracht wird.
  6. Walnussbäume werden umso fruchtbarer, je mehr die Aeste bei der Ernte geschlagen werden und je weniger der Boden um den Stamm bearbeitet wird.
  7. Alle Spalierbäume in südlicher Lage bleiben gesund, wenn der Stamm durch das Aufstellen eines Brettes vor der Sonne geschützt ist und der Boden vor denselben mit Laub oder Streu bedeckt bleibt.
  8. Der Mehlthau an Zwergbäumen wird vertrieben, wenn man sogleich, wie dieses Übel erscheint, die Spitzen sämmtlicher Sommerzweige abkneipt.
  9. Viel fruchtbarer wird der Pfirsichbaum, wenn er kurz vor der völligen Blüthe, der Weinstock, wenn er seine Blüthentrauben zeigt, beschnitten wird.
  10. Alle zarten Obstbäume kommen besser gesund durch den Winter, wenn sie während desselben von dem Pfahle oder Spalier losgeschnitten sind sich frei bewegen können.
  11. Um die Obstbäume am Stamme gesund zu erhalten, dürfen sie daselbst oft austreibenden Sommerzweige nicht gleich bei erscheinen unterdrückt werden, sondern sie sind abzugipfeln oder zurückzuschneiden, und erst im nächsten Jahre zu entfernen.
  12. Wo das Vieh oder der Pflug die Bäume berührt, oder das Gartengeräth an die Baumstämme geschlagen wird, um die anhängende Erde abfallen zu machen, darf über kranke Bäume nicht geklagt werden.
  13. Nur dann ist der Obstbaum wahrhaft gesund, wenn man kein Moss oder keine Flechten auf ihm findet, Das beste Mittel zur Reinigung ist ein Kalkanstrich.
  14. Gesunder wird ein fruchtbarer Baum, wenn bei dem Obstabpflücken auch die jungen Aeste mit abgebrochen werden, fruchtbarer aber wird ein üppiger Baum, wenn während der Ernte jedes Aestchen geschont wird
  15. Schiefstehende Obstbäume müssen auf der oberen Fläche des Stammes mit Stroh eingebunden oder dieser durch ein aufgenageltes Brett vor Nässe geschützt werden; ohne Anwendung dieses Mittels ist Stammfäule zu erwarten.
  16. Fruchtstehende Obstbäume bleiben viel gesunder und fruchtbarer, wenn der Stamm mit Epheu oder mit der wilden Rebe umrankt ist.
  17. Um alte Obstbäume zu verjüngen und wieder fruchtbarer zu machen, wirft man die alten Äste tief ablässt die sogenannten Wasserschosse sich entwickeln und pfropft solche im zweiten Jahre mit einer anderen fruchtbaren oder derselben Sorte wieder auf.